Interview mit Thabo Matlhole

Christel Hermann (CH): Vielen Dank, Thabo, dass du dir für dieses Interview zur Ver­fügung stehst! Kannst du dich bitte kurz vorstellen: Wo wohnst du? Mit wem lebst du zusammen? In was für einem Kontext lebst? Wie alt bist du und was war dein Traum­beruf, als du die Schule verlassen hast?

Thabo: Mein Name ist Thabo Samuel Matlhole. Ich bin 33 Jahre alt. Ich lebe im Dorf Ntsweletsoku (das etwa 20 km von Zeerust, einer kleinen Stadt im Nordwesten, entfernt liegt). Ich lebe bei meiner Tante und meinen Cousinen. Im Jahr 2009 schloss ich mein Abitur ab, hatte aber keine Chance, mich weiterzubilden. Mein Traumberuf war es, Geschäftsmann zu werden.

 

CH: Seit wann arbeitest du als Peer Educator*? Wer hat dich eingeladen? Was hast du vorher gemacht? Wie hat die Arbeit als Peer Educator dein Leben geprägt? Was hast du als Peer-Educator über dich selbst und deine eigenen Fähigkeiten gelernt? [*Peer education bedeutet die Schulung von Kindern und Jugendlichen durch ältere Jugendliche im Bereich der Prä­vention in der Schule.]

Thabo: 2009 wurde ich von einem Peer-Educator eingeladen, nach Tshepanang zu kommen und an einem Schulungsworkshop teilzunehmen. Das hat mein Leben in vielerlei Hinsicht wirk­lich verändert. Während des Workshops hatte ich keine Ahnung, wie es sein würde, vor den Schulkindern zu stehen und sie zu unterrichten. Im Januar 2010 habe ich angefangen, an der Ntsweletsoku-Grundschule zu unterrichten: Am Anfang war es für mich beängstigend, ich habe mir viele Fragen gestellt: Wie werden sie mich aufnehmen? Werden sie auf mich hö­ren? Ich bewegte mich buchstäblich zitternd im Klassenzimmer auf und ab, damit sie nicht merkten, wie viel Angst ich hatte. Aber zu meiner Überraschung haben sie mich sehr gut auf­genommen. Mit der Zeit gewann ich ihr Vertrauen. Es war nicht nötig, streng mit ihnen um­zugehen. Nach 12 Jahren Erfahrung fühle ich mich wohl und unterrichte gerne. Ich gewann als Peer-Educator an Selbstvertrauen und profitierte auch davon, in der Schule zu sein. Der Schulleiter bot uns Peer-Pädagogen an, die Computer und Laptops zu nutzen. Wir hatten alle keine IT-Kenntnisse, und mit der Zeit habe ich viel gelernt. Zwischendurch arbeitete ich auch in einem Internetcafé, wo mir diese Fähigkeiten dabei halfen, das Einkommen des Haushalts zu verbessern.

 

CH: Was war der Grund, dich für den Lehrgang Projektmanagement zu bewerben? Welche Erwartungen hast du daran, eine zukünftige Führungskraft in Tsibogang zu wer­den? Hast du Erfahrung darin, andere zu leiten?

Thabo: Als Peer-Educator habe ich in diesen Jahren auch Führungsqualitäten erlernt. Kom­munikation ist ein zentraler Bereich von Leitung und Verantwortung. Das habe ich im Laufe der Jahre gelernt. Seit 2016 bin ich regionaler Organisator von Tshepanang im Lehurutshe-Ge­biet und muss alle Aufgaben im Zusammenhang mit den 28 Peer Educators in unserer Re­gion verwalten. Diese Erfahrung gab mir das Selbstvertrauen, mich für eine Ausbildung im Projektmanagement von Tsibogang zu bewerben. Wenn ich als Tshepanang-Projektmanager ausgewählt würde, würde ich mein Möglichstes tun, damit die Peer Educators ein besseres Gehalt bekommen. Eine andere Idee ist, den Lehrplan, den wir in den Schulen unterrichten, zu erweitern: z.B., Ausflüge mit den Lernenden zu machen, und ihnen die Möglichkeit zu ge­ben, einen Erste-Hilfe-Kurs zu absolvieren, damit sie mehr Fähigkeiten erwerben können, als in der Schule angeboten werden.

CH: Angenommen, du würdest zum Projektmanager von Tshepanang ausgewählt: Mit welchen Schwierigkeiten würdest du rechnen? Wie würden sich das Verhalten der an­deren Tshepanang-Mitglieder dir gegenüber verändern? Ich vermute, einige von ihnen sind deine Freunde: Wie würdest du dich fühlen, wenn du ihr Vorgesetzter wärest?Thabo: Die größte Herausforderung, wenn ich die Aufgabe bekommen würde, Tshepanang-Projektmanager zu sein, wäre die Verwaltung der finanziellen Angelegenheiten: ein Budget aufzustellen, sich daran zu halten und die Sachzwänge im Blick zu behalten. Eine weitere schwierige Aufgabe bestünde darin, Rechenschaft darüber abzulegen, was in der Aktions­gruppe geschieht. Es gibt immer Leute, die sich nicht an die Regeln halten wollen oder die Leitung herausfordern. Ich gehe davon aus, dass einige Peer-Educators mich unterstützen, andere mich untergraben. Wenn ich zum Projektmanager von Tshepanang gewählt würde, wäre ich sehr stolz. Christel Hermann: Vielen Dank für das Interview, Thabo, ich wünsche dir alles Gute für die kommenden Monate im Projektmanagement-Kurs.

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