Nach einem langen Winter mit viel Frost und kaltem Wind zieht so langsam hier der Frühling ein. Die ersten grünen Blätter sind zu sehen, und im Garten kommt die erste Rose zum Vorschein. Der Winter hier in Südafrika hat es in sich, weil es keine Heizungen in den Häusern gibt. Das führt bei manchen dazu, dass sie, wenn es kalt wird, abends und morgens ins Bett fliehen, dem einzig warmen Ort.
Umso erstaunlicher war es, dass wir Ende Juli mit 22 Leuten von Tsibogang zu einem Stillen Tag aufbrachen. Wir fuhren in einen Naturpark in das nahegelegene Zeerust.
Inzwischen gibt es schon ein Ritual, wie der Stillen Tag anfängt. Am ersten Abend saßen wir in einer Runde, und Wolfgang Hermann führte uns mit einem Text aus Exodus 33 ein, wo es von Mose heisst: „Er redete mit Gott, wie einer mit seinem Freund redet.“ Das war ein schönes Bild und Motiv. Alle wurden eingeladen, an Gott einen Brief zu schreiben, so wie man seinem besten Freund oder seiner Freundin erzählt, was einen bedrückt und erfreut.
Die meisten Teilnehmerinnen waren schon vorher bei einem Stillen Tag gewesen. Die erstmals dabei waren, drückten ihre Erwartung aus: „Zu Hause ist immer etwas los, es ist immer laut.“. „ Ich brauche Zeit mit Gott allein, ohne dass mich jemand stört.“ „ Im Alltag besteht mein Gebet meist aus Bitten, jetzt will ich auf Gott hören.“
Uns erstaunt es immer wieder, das zu hören, in einer Gesellschaft, in der Stille wenig Raum hat.
Am nächsten Tag gab es dann eine ausführliche Stille mit einer Einführung über das Doppelgebot der Liebe. Der Fokus lag darauf, im eigenen Leben nachzuspüren, wo die Beziehung zu Gott mehr Raum und Zeit braucht und wie daraus sich das Miteinander in der Familie,in der Arbeit zuordnet.
Alle verteilten sich auf dem Gelände, der Sonne zugewandt, denn es war doch sehr kalt. Leider wurde die Stille von einer Gruppen Jugendlicher massiv gestört, sie hatten ein Dramaworkshop.
Austausch zu zweit |
Im Austausch nach der Stille kamen etliche Probleme zu Tage: In vielen Familien gibt es massive Spannungen untereinander. Auch Probleme unter den Mitarbeitern in Tsibogang kamen vor. Das Gute an dem Austausch war, dass alle zuhören konnten, ohne Ratschläge zu geben. Am Ende des Austausches war noch Zeit für eine Gebetsgemeinschaft und Singen.
Inzwischen hatte die Sonne uns aufgewärmt, es gab Sport: Volleyball und Seilspringen auf Tswanaart. Das ist absolut faszinierend: Zwei drehen das Seil und die andern springen tanzend hinein. Auch die Älteren hüpften mit und es gab viel zu lachen, weil die Gesänge und Tänze der Älteren natürlich anders waren als die der Jüngeren.
Volleyball und Seilspringen |
In der Abschlussrunde hörten wir zwei bewegende Zeugnisse: Ein junge Frau erzählte, dass sie gemerkt hat, wie sie ihren Bruder einfach nicht annehmen konnte und ihr der Text: ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘, geholfen hat, ihren Bruder als Geschenk von Gott zu sehen. Eine andere erzählte von der Austauschrunde nach der Betrachtung: „Zum ersten Mal seit Jahren hat mir jemand gesagt: Das hast du gut gemacht! Das hat mich so aufgebaut, dass ich jetzt meine Familie und mein eigenes Leben anders anschaue. Für mich hat sich durch diese wenigen Stunden Retreat mein Leben geändert.“