Mit einiger Verspätung treffen am Montagnachmittag (03.01.2022) die drei Fahrzeuge im Magaliesburg Retreat Ressort ein. Insgesamt sind es 26 TeilnehmerInnen, die sich zum Tlamelang Workshop am Beginn dieses neuen Jahres aufgemacht haben und damit sogar eine Teilnehmerin mehr, als wir erwartet hatten.
Christel gibt uns zu Beginn vier Fragen, mit denen wir auf das letzte Jahr zurückblicken. Nach einer Zeit der persönlichen Stille gibt es einen Austausch darüber in zwei Gruppen. Dabei fließen die Tränen und die anberaumte Zeit ist längst nicht genug. Viele erinnern sich an den Tod von Itsholeng und Kesentseng. Eine Teilnehmerin hatte schon 2020 ihren Mann durch COVID 19 verloren. Andere berichten, wie ihnen die Drogensucht ihrer Kinder oder naher Verwandter zusetzt und wie diese durch ihr destruktives Verhalten die Familie tyrannisieren. Auch wenn es schwer ist, ist es doch gut, das alles einmal aussprechen zu können.
Wir hatten für den ersten Abend geplant, dass jeder seine Lasten des letzten Jahres auf einen Zettel schreibt und wir diese dann symbolisch unter Gesang und Tanz in ein Feuer werfen. Wegen eines Wolkenbruchs muss das auf den nächsten Abend verschoben werden. Es ist dann ein sehr eindrückliches Erlebnis. Das laute Singen der Chorusse ist ein spürbarer Halt und man sieht, wie viele sich darin völlig verlieren. Auch mir selbst wird es leichter ums Herz, als ich mein vollgeschriebenes Papier ins Feuer werfe.
Nach den Regenfällen der ersten Nacht erwartet uns am nächsten Morgen ein klarer Himmel. Wir können uns also zu unserer Wanderung auf den nahegelegenen Berg aufmachen. Zwei müssen nach der ersten Etappe wieder umkehren und Christel musste wegen ihrer Kniebeschwerden ganz zu Hause bleiben. Die relativ kühle Luft tut uns gut. Für manche ist die Bergbesteigung fast so etwas wie ein spirituelles Erlebnis. Danach ist noch Zeit für ein bisschen Wasserball in einem der Pools.
Am Nachmittag führen wir in die Unterrichtsstunden für die After School Centers ein, die bei diesem Workshop geübt werden sollen. Christel stellt ein Heft der Bibelgesellschaft vor, in dem das Lesen- und Schreiben-Lernen mit dem Erzählen von biblischen Geschichten verbunden wird. Von den 23 Lektionen konnten wir bei diesem Workshop die ersten fünf behandeln.
Ich führe ihnen die erste der fünf überarbeiteten Unterrichtseinheiten zur Ernährungslehre vor. Das Ziel dieser Stunden ist, den Kindern auf einfache Weise deutlich zu machen, was eine gesunde Ernährung ist. Das ist ziemlich idealistisch, denn Obst und Gemüse werden hier immer teurer und viele Kinder kennen etliche Gemüse-Sorten kaum. Die typische Diät hier ist sehr Kohlenhydrat/Fett- und Fleisch- lastig.
Der dritte Tag beginnt mit meiner Betrachtungsanleitung zu einem unserer klassischen Texte: John 21, 15-19. Dazu gibt es nach der Stille wieder einen bewegenden Austausch in zwei Gruppen. Der Rest des Tages ist dem gegenseitigen Unterrichten in Gruppen gewidmet. Es gibt acht Gruppen. Jede Gruppe führt einer anderen eine Unterrichtseinheit vor. Danach gibt es Feedback der Unterrichteten und eines Mentors. Dann werden die Rollen getauscht. Dieses gegenseitige Unterrichten zu erleben, ist für Christel und mich ein zum Teil ernüchterndes Aha-Erlebnis. Es wird sehr deutlich, wo es beim Verstehen und beim Unterrichten klemmt, und ist dadurch natürlich hilfreich.
Am Abend geht es um das brisante Thema: Wie können wir unseren Unterricht in der Hausaufgaben-Hilfe verbessern? Christel gelingt es, die Teilnehmer, die aus neun unserer zehn Afterschool Centers kommen, zum Reden darüber zu bekommen, welche Einflüsse zum mangelnden Einsatz beim Unterrichten führen können. Es wird deutlich, dass es oft Spannungen der Mitarbeiter untereinander sind, die Lustlosigkeit der Kinder und mangelnde Kommunikation mit den Schulen. Sehr hilfreich sind die Beiträge von Chairperson Stephen Modisane. So erzählt er, wie er neulich die Eltern von zwei Kindern traf, die er vor Jahren im After School Programm unterrichtet hatte. Sie erzählten, dass sie nun nach Abschluss ihres Studiums als Lehrer unterrichten und bedankten sich überschwänglich, dass er sie damals mit seinem Einsatz auf den richtigen Weg gebracht habe. „Wenn wir das bei einem von zehn erreichen…“
Bei der Bibelarbeit am Morgen des vierten Tages geht es um den Kämmerer aus dem Morgenland (Apg. 8) und dabei besonders um die berühmte Frage des Phillipus: „Verstehst Du auch, was Du da liest?“ Wenn wir den Kindern das Lesen beibringen, dann können wir wie Philippus für sie zu Boten Gottes werden, die ihnen das Verstehen der Welt und von Gottes Botschaft eröffnen.
Danach gibt es wieder gegenseitiges Unterrichten: Diesmal geht es um die Phonogramme und das Lesen von Kurzgeschichten. Außerdem zeige ich ihnen die neuen Guidelines for Antiretroviral Treatment, wo ein neues Medikament (Dolutegravir) eingeführt worden ist, gebe eine Stunde über Cervical Cancer und einen Vergleich von Corona- und HIV Pandemie.
Der Workshop endet mit einem langen Gottesdienst, bei dem die meisten einen kurzen Beitrag beisteuern. Die Evaluierung machen wir nach dem erprobten CIS Schema: Comment – Intercession – Suggestion. Wem das Wollknäuel zugeworfen wird, der sucht sich nach seinen Kommentaren über den Verlauf des Workshops einen Teilnehmer aus, dem er sagt, wofür er bei ihm/ihr beten wird. Es ist ergreifend zu sehen, wie da viele das aufnehmen, was sie bei den Austauschrunden gehört haben. Die Kommentare sind von großer Dankbarkeit über das Programm geprägt und von Kritik am Tagungsort. Nach den häufigen Regenschauern floss Wasser in die Halle und sogar in einen der Schlafräume. Erst nach wiederholtem Bitten fand die überforderte Managerin des Heims einen anderen Raum für die Betroffenen. Nach jedem Schauer fiel der Strom für unbestimmte Zeit aus. Insgesamt haben die Teilnehmer all diese Widernisse mit Engelsgeduld ertragen, aber der Wunsch nach einer besseren Tagungs Stätte war unüberhörbar. Das einzig Gute an Magaliesburg Retreat Resort ist die traumhafte landschaftliche Umgebung. Aber wegen unserer Finanzlage wird es nicht leicht, etwas Besseres zu finden.
Am zweiten Tag erkrankte eine der Teilnehmerinnen mit Husten und leichtem Fieber. Sie erholte sich schnell. Andere hatten alle möglichen unspezifischen Symptome (warum ich zu diesen Workshops immer mit dicken Ladungen von Medikamenten fahre). Am letzten Tag merkte ich bei mir die Erkältung aufkommen, was bei der Rückfahrt schlimmer wurde. Als ich dann noch zu husten anfing, machte ich Samstag einen COVID-Schnell-Test, den Undine dankenswerter Weise von ihrem Deutschlandreise mitgebracht hatte. Er war positiv. Wir informierten alle Teilnehmer des Workshops und baten alle mit Symptomen, sich testen zu lassen. Christel bekam am Sonntag Halsschmerzen und testete auch positiv. Außer uns haben bis jetzt zwei andere bestätigt, dass sie positiv sind und sich in Isolation begeben haben. Zum Glück waren alle Teilnehmer bis auf die zwei Jüngsten geimpft.
Wolfgang Hermann