Bericht eines Besuchers

Anfang bis Mitte Oktober hatte ich Gelegenheit, die Geschwister der Communität Koinonia – Christel und Wolfgang Hermann sowie Undine Rauter – in Mafikeng /Südafrika zu besuchen. Dabei ging es zuerst um ein Kennenlernen ihrer vielfältigen Arbeit. Der Besuch war so geplant, dass ich direkt nach meinem Ankommen in einen Workshop der so genannten „peer educaters“ einsteige. Das sind jüngere Menschen, die in Schulen gehen und im Rahmen eines „life orientation“-Unterrichts über Themen wie Sexualität, Umgang mit Teenagerschwangerschaft und AIDS sprechen. So hörte ich zum Beispiel einer Unterrichtsstunde zu, die modellhaft besprochen wurde, und sollte selber etwas von der Herausforderung erzählen, die entsteht, wenn man Werte in der Schule vermitteln will. Es hat viel Freude gemacht zu sehen, wie die kontinuierliche Arbeit dazu geführt hat, dass heute schon die eigenen Leute in der ersten Reihe stehen und die später Dazugekommenen anleiten. So kann Wolfgang Hermann entspannt in der letzten Reihe sitzen und die Stunde verfolgen.

60_kleinIch hatte mir im Vorfeld überlegt, dass meine eigene Situation als Schulpastor an einer staatlichen Schule für die Menschen in Südafrika vermutlich nur begrenzt nachvollziehbar ist. Deswegen sollte jeder und jede einen Wert benennen, der ihm/ ihr wichtig ist, und den er/sie in der Schule weitergeben möchte. Nach einem Austausch in der Gruppe sollte sich die Gruppe auf einen Wert einigen und ihn als Standbild darstellen. Diese Bilder entstanden zügig und kreativ; gemeinsam versuchten wir dann herauszufinden, was die Gruppe darstellte. Ihr könnt ja einmal raten, welcher Wert auf diesem Bild dargestellt wurde…
Ein Highlight des Workshops war die Graduiertenfeier für Patricia. Als peer educater mit einem geringen Schulabschluss hat sie mit Hilfe eines Stipendiums der Organisation einen Abschluss geschafft, der ihr erlaubt, in der Schule als Lehrerin zu arbeiten und sich auf den Weg zu einem Bachelor-degree zu machen. Bildung ist ein zentraler Ausweg aus dem Teufelskreislauf von geringer Qualifikation und geringer Bezahlung. Wenn es jemand aus dem eigenen Umfeld schafft, ist das motivierend für die ganze Gruppe. Der Eindruck wurde abgerundet durch einen Schulbesuch: Wir erlebten eine eindrückliche Stunde über Schwangerschaft von Teenagern, vermittelt von einer Frau, die leider einen ähnlichen Weg gehen musste.

90_kleinEinen Vormittag lang durfte ich auch mit Christel Hermann in den Kindergarten gehen. Die Geschwister haben über lange Zeit die Bildungsansätze in den lokalen Kindergärten und Schulen verfolgt und suchen nach Möglichkeiten, das Bildungsniveau zu verbessern. Positiv erscheint der Ansatz von Maria Montessori. Christel leistet an dieser Stelle Pionierarbeit, indem sie Kindergärtnerinnen bei einem Montessori-Kurs begleitet und gleichzeitig das Material ins Setswana übersetzt. Ich war beeindruckt von der konzentrierten, stillen, aber gelösten Atmosphäre im Kindergarten, die sich mit Toben und Spielen im Freien abwechselt.

Und das Bildungsniveau zu stärken, finden auch so genannte „Afterschool programs“ statt: Kinder bekommen zunächst ein Mittagessen, machen dann ihre Hausaufgaben mit Betreuung, daneben gibt es Nachhilfe in Mathe und eine biblische Geschichte. Mein Eindruck war, dass es allen viel Spaß macht, einschließlich den Lehrern, wobei die Fortschritte im Bereich Mathematik leider eher gering sind.

Für mich war die Reise ein kurzer, aber intensiver Einblick in die Lebenswelt von Christel, Wolfgang und Undine. Es war sehr anregend, und ich könnte mir vorstellen, auch einmal mit einer kleinen Gruppe die Geschwister zu besuchen, um sich selber ein aktuelles Bild zu machen, wo sie heute stehen.

Michael Fendler

Bericht eines Besuchers
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