Südafrika braucht Gebet

Im vergangenen Monat sind zwei Mitarbeiterinnen von Tsibogang, die unsere Arbeit entscheidend geprägt haben, plötzlich gestorben. Itsholeng Loving meldete sich Anfang Juni als krank ab. Wir dachten nicht sofort an Covid, weil sie keine typischen Symptome hatte. Itsholeng starb in den frühen Morgenstunden am 17.6. wahrscheinlich an einer Lungenentzündung. Der Winter hatte angefangen mit den üblichen Erkãltungen. Wenige Tage spãter wurde auch Kesentseng Nanyane krank, allerdings mit typischen Covid Symptomen. Nach einer Woche bestãtigte sich, dass Kesentseng Covid positiv war. An dem Tag, als wir die Gedenkfeier für Itsholeng hatten, starb Kesentseng.

Wir waren sprachlos, erschrocken und sehr, sehr traurig. Mit beiden hatten wir eine lange Geschichte:

Kesentseng

Kesentseng war Projektleiterin für Tlamelang. Sie hatte vielfãltige Aufgaben. Sie besuchte vier von unseren 10 Hausaufgaben-Hilfe Projekten; sie war Schatzmeisterin in unserer Organisation und half mit, die vielfältige Verwaltung für die verschiedenen Spendenorganisationen zu bearbeiten.

Itsholeng gehörte seit 2004 zu Tsibogang und arbeitete zunächst als Peer Educator in Tshepanang. Sie war eine der ersten in unserer Organisation, die die lebensrettenden ART (virushemmende Medikamente) begann einzunehmen und trotz ihres HIV-Status gut leben konnte. Ihre große Gabe war, andere, die HIV-positiv waren, zu überzeugen, Medikamente zu nehmen und ihr Leben positiv anzugehen. Sie war stolz darauf, dass sie so lange trotz HIV-positivem Status normal leben konnte. Besonders stolz war sie auf ihre drei Töchter, die alle HIV-negativ geboren wurden. Itsholeng war schnell klar, dass sie das Virus in ihrem Körper nur in Schach halten konnte, wenn sie diese Krankheit akzeptierte und offen darüber sprechen konnte. Sie wollte sich nicht verstecken wie viele andere. Die Selbsthilfegruppe Amogelang (Nehmt (ein)ander an) wurde entscheidend von Itsholeng geprägt und startete vor mehr als zehn Jahren eine Selbsthilfe-Gruppe für Kinder, die mit HIV leben. Das war ihr Verdienst. Diese Gruppe trifft sich alle zwei Wochen an einem Samstag. Man kann sagen, dass sie vielen Kindern diese Gruppe das Leben gerettet hat. Erstmals trafen sie auf Erwachsene, die ihnen erklärten, woran sie erkrankt waren und warum sie regelmäßig Medikamente nehmen mussten.

Itsholeng

Beide, Kesentseng und Itsholeng, hatten mit vielen Tsibogang-Mitgliedern lange freundschaftliche Kontakte. Während vieler Workshops und Begegnungen teilten wir Freud und Leid miteinander. Es ist schwer, uns vorzustellen, wie die Arbeit in Tsibogang ohne sie weitergehen wird. Ein Bibelvers, der uns in dieser Zeit getröstet und begleitet hat: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr; sondern soviel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken (Jesaja 55,8+9). Wir haben keine Antwort darauf, warum diese beiden gehen mussten; aber wir vertrauen, dass Gott uns seine Wege zeigen wird und seine Gedanken höher sind als unsere Gedanken.

In Südafrika sind wir zur Zeit in der dritten Welle von Covid-19, täglich steigen die Ansteckungen; bis auf Weiteres sind die Schulen geschlossen, es darf keine Versammlungen geben, von 21 bis 4 Uhr morgens gibt es eine Ausgangssperrre. Restaurants, Hotels etc. sind geschlossen, was dazu geführt hat, dass noch mehr ihre Arbeit verloren haben.

Inzwischen sind 2,9 % der Bevölkerung geimpft, das ist leider zu wenig, um die Ausbreitung des Virus aufzuhalten. Wir sind besorgt über die Unruhen in Südafrika vor einer Woche, von denen wir durch die Medien und Undine gehört haben. Wir waren gerade in Deutschland angekommen, als das passierte. Ganz Südafrika ist in diesen Tagen der Schreck durch die Glieder gefahren: Dass Tausende in KwaZulu/Natal und Gauteng sich den Protesten anschlossen gegen die Festnahme des früheren Präsidenten Jacob Zuma, war nicht ganz unerwartet; denn es ist bekannt, dass Zuma etliche Unterstützung hat. Aber dass sich diese Protestaktionen in Windeseile zu gezielten Plünderungen von Hunderten von Malls und Geschäften entwickelte, das hat es noch nie gegeben. Es wurden systematisch Lastwagen angezündet, Straßen unbefahrbar gemacht, Empfangstürme der Mobiltelefone zerstört etc. Inzwischen weiß man, dass das eine geplante und beabsichtigte Sabotage gewesen ist, die das Ziel hatte, die Hauptschlagader der Industrie zu zerstören. Im Hintergrund steht die Zumafraktion im ANC, die damit der Fraktion um den Präsidenten Cyril Ramaphosa eine Niederlage präsentieren wollte.

Inzwischen sind etliche Anstifter dieser Sabotage festgenommen worden, Militär kontrolliert etliche Townships um Durban und Johannesburg. Das Chaos, das innerhalb von wenigen Stunden in Gauteng und KwaZulu/Natal durch die Protestaktionen ausgelöst worden ist, kann man sich nicht schlimm genug vorstellen. Tausende von Arbeitsplätzen sind zerstört worden. Das wiederum hat eine Welle von Solidarität und Freiwilligkeit ausgelöst. Hunderte helfen mit, die zerstörten Einkaufszentren und Geschäfte aufzuräumen und sauberzumachen. Einfache Leute bewachen Geschäfte und Einrichtungen, die nicht der Zerstörung zum Opfer gefallen sind. Dennoch, der Schreck ist nicht so schnell wegzustecken und Südafrika braucht unsere Fürbitte und Unterstützung.

Christel Hermann

Südafrika braucht Gebet
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